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Bei den aktuellen Honorarverhandlungen für 2015 zwischen den niedergelassenen Kassen-Ärzten und den Krankenkassen verschlagen die Forderungen der Ärzte einem unvoreingenommenen Betrachter die Sprache. Die Ärzte fordern 5 Milliarden Euro – mehr für 2015. Je nach Berechnung wären das im Schnitt 15% mehr Honorar. Dabei liegt der Durchschnittsgewinn je Praxis bereits bei 166.000 Euro, sofern man dem Statistischen Bundesamt glaubt. Wie viel verdient ein Arzt?
Der gerechte Lohn
Nimmt man verdient wörtlich, so kann man über den gerechten Lohn eines Arztes trefflich streiten. Denn hier spielt die emotionale Wertigkeit eine wichtige Rolle. So sind beispielsweise Rechtsanwälte in den letzten Jahren im allgemeinen Ansehen der Berufe im Gegensatz zu den Ärzten gefallen. Entsprechend niedriger dürften daher die Gehaltsmaße ausfallen, würde man Bürger befragen.
Gilt das bei Ärzten auch? Denn das Pflegepersonal ist chronisch unterbezahlt. Hier herrscht seltene Einigkeit bei der Frage nach der gerechten Bezahlung. Für mehr Lohn sei aber dann kein Geld da.
Jetzt fordern die Ärzte allein für 2015 satte 5 Milliarden mehr. Ist das gerecht? Gerechtfertigt? Andere Meiden halten die Forderung für „unglaublich“.
Wie viel ein Arzt verdient

Das Statistische Bundesamt hat einen durchschnittlichen Praxisüberschuss („Reinertrag“) in Höhe von 166.000 Euro pro Jahr errechnet.
Legt man die 5 Milliarden darauf um, kommen dazu 38.000 Euro, so dass die Schwelle von 200.000 Euro Gewinn pro Jahr erreicht wird.
Vergleichen mit anderen ähnlich ausbildungsaufwändigen Berufsgruppen stehen die Ärzte sehr gut da.
Die Ärzte halten nun entgegen, dass die Rechnung des Statistischen Bundesamtes auch Privateinnahmen beinhalte. Die reinen kassenärztlichen Leistungen seien viel geringer und würden im Umfang von 10% gar nicht abgegolten. Daher habe man sich mit den Forderungen am Einkommen eines Oberarztes von 133.000 Euro orientiert, was allein 3 Milliarden mehr erfordern würde.
Leider verlinkt ja kein Pressemedium mehr die Quellen. Danke Google. Ich konnte daher nur eine Mitteilung vom 4.12.2013 finden, worin der Reinertrag bei 235.000 Euro und ohne Privateinnahmen bei 163.000 Euro im Schnitt liegt, vgl. https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2013/12/PD13_408_525.html
Der Reinertrag ist nicht identisch mit dem Einkommen der Ärzte. Er stellt zwar das Ergebnis des Geschäftsjahres der Praxis dar, berücksichtigt aber unter anderem nicht die Aufwendungen für Praxisübernahme und die Aufwendungen privater Natur für die Alters-, Invaliditäts-, Hinterbliebenen- und Krankenversicherung der Praxisinhaber und deren Familienangehörigen sowie die Beiträge zu Versorgungseinrichtungen der Praxisinhaber.
Ist das gerecht?
Würde man die Argumentation übertragen, könnten besagte Anwälte eine Gehaltsanpassung an Richter am Landgericht fordern.
Weiter ist es reines Wunschdenken selbständig oder gewerblich Tätigender, alle Leistungen auch bezahlt zu bekommen. Ein Anwalt kann sicherlich auch nicht jeden Brief oder Anruf direkt berechnen. Will ich vom Arzt ein Rezept telefonisch bestellen, folgt die Rechnung inkl. „Beratung“ in Höhe von 15 Euro auf dem Fuß.
Daher gehen für mich persönlich die Argumente ins Leere. Allerdings hängt das auch etwas damit zusammen, womit man sich vergleicht. Das ist relativ. So proklamieren deutsche Topmanager auch seit Jahren, ihre amerikanischen Kollegen würden noch viel mehr verdienen. Würden sie sich mit asiatischen Vorsitzenden vergleichen, sähe die Sache ganz anders aus.
Fazit
Die Nachfrage nach ärztlichen Leistungen scheint zuzunehmen. Denn die Wartezeiten für Kassenpatienten sind meist utopisch lang. Ein Arzt würde beim Anwalt auch nicht ein Jahr auf einen Termin warten.
Aus meiner Sicht löst eine Honorarerhöhung das eigentliche Problem nicht. Ganz im Gegenteil.